Humboldt-Universität zu Berlin - Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften

Ernährungssicherung

Projektfragen

 

 
Das Themenfeld

Die Beseitigung der extremen Armut und des Hungers stellt weltweit eine der globalen Herausforderungen dar und steht deshalb auch ganz oben auf der Liste der so genannten Millenniums-Entwicklungsziele. Menschen, die in absoluter Armut leben, haben kaum Aussicht, dass ihre Menschenrechte und ihr Recht auf ein Leben in Würde gewahrt werden. Zwischen 1990 und 2008 hat sich der Anteil der Bevölkerung, die mit weniger als 1,25 US-Dollar leben mussten von 47% auf 24% der Bevölkerung verringert.

Quelle: Hortinlea Tiergesundheit und Ernährungssicherheit sind eng miteinander verknüpft: Impfung einer Ziegenherde Bildquelle: C. Gödan

Allerdings ist dies vielfach auf die positiven Entwicklungen in einigen Schwellenländern zurückzuführen. Weniger positiv sieht die Entwicklung in Afrika aus: Hier hat sich der Anteil der unterernährten Menschen seit 1990 lediglich von 31 auf 27 Prozent der Bevölkerung vermindert. Unter Berücksichtigung einer weltweit wachsenden Bevölkerung hat in den vergangenen Jahren die absolute Zahl der hungernden Menschen wieder zugenommen. Bisher noch wenig beachtet wird die Tatsache, dass in vielen Entwicklungsländern die zur Verfügung stehenden Lebensmittel keine ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen ermöglichen (Hidden Hunger) und damit auch die Entwicklungsmöglichkeiten - besonders von Kindern - stark eingeschränkt werden.

 

Die Rahmenbedingungen dafür, dass sich diese Situation rasch und grundlegend verbessern wird, sind nicht gut:

  • In den meisten Regionen der Welt steigt die Bevölkerung nach wie vor stark an; das heißt die Nachfrage nach Lebensmitteln nimmt deutlich zu.
  • Der Lebensstil – besonders in den entwickelten Ländern und Schwellenländern - führt zu einem steigenden Konsum von tierischen Lebensmitteln. Damit verbunden ist eine Erhöhung des Flächenbedarfs für Futtermittel.
  • Der nach wie vor steigende Energiebedarf in den meisten Ländern der Welt führt - verbunden mit einer Verknappung von Öl und Gas - zu einer Ausweitung der Produktion nachwachsender Rohstoffe.
  • Die letzten beiden Argumente führen zu einer Konkurrenz um Flächen für die Nahrungsmittelproduktion.
  • Nicht zuletzt zeigen Untersuchungen in den vergangenen Jahren, dass Produktionssysteme vielfach nicht nachhaltig sind und langfristig zu einer Verschlechterung der Produktionsbedingungen führen.
  • Dies äußert sich auch in Zahlen, die ausweisen, dass der Produktivitätsfortschritt bei der Erzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in den letzten Jahren deutlich langsamer erfolgt ist als noch in den neunziger Jahren.

Zwar ist es richtig, dass weltweit ausreichend Lebensmittel erzeugt werden. Allerdings besteht auch bei einer besseren Verteilung der Lebensmittel nach wie vor die Notwendigkeit, dass mehr Lebensmittel produziert werden. Es muss aber dabei mehr als bisher beachtet werden, dass diese Produktion ressourcenschonend erfolgt. Ein Schlagwort, das in diesem Zusammenhang verwendet wird, ist die 'nachhaltige Intensivierung' (Sustainable Intensification). Darüber hinaus reicht heute die Fokussierung allein auf die Produktion nicht mehr aus. Angesichts der auf 30-50 % geschätzten Verluste von Lebensmittel in Wertschöpfungsketten stellt sich die Frage, wie solche Verluste reduziert werden können.

Insgesamt besteht heute Einigkeit darüber, dass die Forschung zu diesen Themen intensiviert  und Forschungskapazitäten erweitert werden müssen.  Allerdings ist aufgrund einiger Fehlentwicklungen erkennbar, dass sich sowohl der Forschungsgegenstand als auch die Art der Forschung verändern muss. Das Blickfeld muss sich erweitern auf so genannte Lebensmittelsysteme (Food Systems), die die Abläufe von der Entstehung bis zum Verbrauch der Produkte verfolgen. Hierbei müssen sowohl die ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen dieser Systeme betrachtet und bewertet werden. Dies macht es weiterhin notwendig, dass nur durch eine koordinierte Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen sowie unter Beteiligung von Personen und Organisationen vor Ort solche Lebensmittelsysteme nachhaltig entwickelt werden können.