Humboldt-Universität zu Berlin - Lehr- und Forschungsgebiet Beratung und Kommunikation

Ausbildungsmodul

Überblick

Der Kurs richtet sich vorrangig an Berufsschüler*innen im Ausbildungsgang „Gärtner*in Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau“ und im Dualen Studium "Landschaftsbau und Grünflächenmanagement". Sie zielen hauptsächlich auf Sensibilisierung und das Sich-Aneignen von Grundwissen für mehr Biodiversität im GaLa-Bau mit drei Hauptthemen (Graphik):

 

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Es ist formal angesiedelt im Fach „Pflege von Pflanzen“ in den Lernabschnitten „Botanik" oder „Pflanzenschutz" und im Fach „Landschaftsgärtnerische Arbeiten“ in den Lernabschnitten „Anlage und Pflege von Rasenflächen (Wiesenflächen)“ und „Erkennen, Bestimmen und Verwenden von Pflanzen".

Der Kurs umfasst zwei Tage: Am ersten Tag drei theoretische und ein praktischer Block á 90 Minuten mit einer 20-minütigen Pause. Am zweiten Tag Exkursionen zu städtischen Parks. Er wurde im Juni 2022 und 2023 in der Peter-Lenné-Schule - OSZ Natur und Umwelt Berlin mit Auszubildenden bzw. Studierenden im dualen Studium in der Grundstufe (1. Lehrjahr) getestet.

 

Ausbildungsmodul

  • Ausgangssituation und Ziele

  • Programm (Überblick)

  • Ablauf und Methoden

  • Reflexion

Ausgangssituation und Ziele

Ziel des Moduls ist, die Auszubildenden für die Bedeutung und Förderung von biologischer Vielfalt im Gartenkontext zu sensibilisieren und ein Bewusstsein zu schaffen. Dies ist der Grundstein, um Wissensbausteine nachhaltig zu verankern. In Anbetracht der weitreichenden und komplexen Thematik und der verhältnismäßig kurzen Zeit war das weiterführende Ziel einen Überblick zu Naturgartenprinzipien und Schlaglichter zu verschiedenen Teilthemen (z.B. Strukturvielfalt oder Verwendung einheimischer Pflanzen) zu vermitteln. So werden Selbstwirksamkeit und eigene Handlungsspielräume für die Auszubildenden erkennbar.

Das Ausbildungsmodul umfasst zwei Tage, die in zwei Einheiten stattfinden.

 

Der Beruf des/der Garten- und Landschaftsgärtner*in ist im Ursprung durch die Arbeit mit der Natur geprägt. Angesichts des weltweit massiven Rückgangs von Biodiversität ist es grundlegend wichtig – und wird immer wichtiger – das Wissen zur Bedeutung und Förderung von biologischer Vielfalt im Gartenkontext vermittelt wird. Als erster Schritt ist es wichtig die Auszubildenden für die Thematik zu sensibilisieren und ein Bewusstsein zu schaffen. Dies ist der Grundstein, um Wissensbausteine nachhaltig zu verankern. In Anbetracht der weitreichenden und komplexen Thematik und der verhältnismäßig kurzen Zeit war das weiterführende Ziel einen Überblick zu Naturgartenprinzipien und Schlaglichter zu verschiedenen Teilthemen (z.B. Strukturvielfalt oder Verwendung einheimischer Pflanzen) zu vermitteln. So werden Selbstwirksamkeit und eigene Handlungsspielräume für die
Auszubildenden erkennbar.

 


 

Programm

1. Tag
Ort: Berufsschule
• 8:00 – 9.30 Uhr 1. Block: Grundlagen der Biodiversität (90 min.)
• 9:30 – 9:50 Uhr Pause (20 min.)
• 9:50 – 11:20 Uhr 2. Block: Grundsätze im GaLa-Bau für mehr Biodiversität (90 min.)
• 11:20 – 11:50 Uhr Pause (30 min.)
• 11:50 – 13:20 Uhr 3. Block: Nahrungsnetze & Artenkenntnisse. (90 min.)
• 13:20 – 13.40 Uhr Pause (20 min.)
• 13:40 – 15:10 Uhr 4. Block: Praxisaktion im Schulgarten (90 min.)
– Fläche einmessen
– Flächenvorbereitung für Einsaat (Rasensoden entfernen/ Grubbern)
– weitere/nächste Praxisschritte zusammen besprechen/planen

 

2. Tag
Ort: Park

• 9:00 – 11.00 Uhr PikoPark / Innenhof mit naturnaher Gestaltung (120 min.)
- Wir schauen: Was macht die Gestaltung naturnah?
- Wir lernen: heimische Pflanzenarten


• 11.00 – 12.30 Uhr Fahrweg (90 min.)
• 12.30 – 13.00 Uhr Pause (30 min.)
• 13:00 – 15.00 Uhr Stadtpark (hier: Bürgerpark Marzahn) (120 min.)
- Bürgerpark mit „durchschnittlich-konventioneller“ Gestaltung
- Wir schauen: Was ist hier naturnah oder was nicht?
- Wir schauen: Was sind Nahrungsnetze? Wo finden wir Spuren von
Nahrungsnetzen?

 

Ablauf und Methoden

Der erste Modultag ist dem thematischen Einstieg gewidmet. Es gibt drei theoretische
Themenblöcke (s. Grafik):
• Grundlagen der Biodiversität
• Grundsätze im GaLa-Bau für mehr Biodiversität
• Nahrungsnetze und Artenkenntnisse


Statt gängigem Frontaltunterricht wird das Wissen interaktiv und durch Anregung der Denkprozesse der Auszubildenden vermittelt. So werden beispielsweise die drei Bereiche von Biodiversität über Symbolbilder erarbeitet. Die Bedeutung von Biodiversität, den Ökosystemleistungen, wird mittels Symbolgegenständen, wie Getreide oder Obst, besprochen.


Durch das freie Format ergab sich im Test eine interessante Diskussionsrunde, in der die Auszubildenden kritische Gedanken aus ihren Beobachtungen im Arbeitsalltag aber auch sorgenvolle Gedanken hinsichtlich aktueller Trends und Entwicklungen im Gartenbau und zur Klimakrise teilten. Auch dieser Aspekt – individuelle Gedanken und Gefühle – ist Teil der umfassenden Biodiversitätsthematik und sollte immer, wenn sich die Situation ergibt, Raum einnehmen können.


Zum Abschluss des ersten Modultags gab es einen Praxisteil. Auf dem Schulgelände der
Peter-Lenné-Schule wurde ein Wiesenteilstück mit heimischen Wildpflanzen neu eingesät. Die erstenArbeitsschritte waren die Kante und die Rasensoden mit dem aktuellen Bestand abzustechen und abzufahren. Es war ein sehr heißer und trockener Tag. Mit Teamwork kamen wir gut voran. Dabei haben wir die Unterschiede beim Vorgehen zwischen konventioneller Raseneinsaat und naturnaher Wieseneinsaat sowieso die darauffolgenden Schritte im Herbst besprochen.


Die Auszubildenden brachten ein intrinsisches Interesse mit. Das war an vielen Fragen erkennbar. Besonders beim Besuch im PikoPark fielen den Auszubildenden Merkmale auf, die aufgrund der komplexen Thematik und des zeitlich knappen Rahmens bis dato nicht besprochen wurden. Es kamen also eigene Impulse, die aufgegriffen und besprochen wurden. Dieses erlangte Wissen ist deutlich nachhaltiger verankert als eine frontale Unterrichtsweise.


Um Artenkenntnisse von einheimischen Wildpflanzen zu vermitteln, wird ein Steckbrief angefertigt. Dieser wird von den Auszubildenden einzeln oder in kleinen Gruppem für eine selbst ausgewählte Pflanze im PikoPark ausgefüllt. Augenmerk liegt auf den morphologischen Merkmalen, sodass die Pflanze genau beobachtet muss.


Im Test waren die Auszubildenden vom PikoPark und dessen „andere“ Gestaltungsart sehr begeistert. Da zum Zeitpunkt des Besuchs im Juni zahlreiche Wildpflanzen in Blüte standen, war Biodiversität sofort erlebbar. Anschließend ging es in den Bürgerpark Marzahn, wo die Gruppe einen Biologen und Insektenspezialisten traf. Dieser vermittelte Wissen zum Thema Nahrungsnetze, um das Thema Biodiversität inhaltlich weiter zu untermauern. Zum Abschluss gab es eine Feedbackrunde.

 

 

 


 

Reflexion und Lerneffekte

Der Besuch einer naturnah gestalteten Fläche hat sich äußerst bewährt.
Biodiversitätsfördernde Prinzipien in natura umgesetzt zu sehen, hat die Auszubildenden
beeindruckt. Vorher Gehörtes und auf Bildern Gesehenes wird direkt verknüpft und festigt das Wissen.
Die praktische Einheit verankert ebenfalls den neuen Input. Außerdem ist ein praktischer Teil
eine willkommene Abwechslung zur Theorie – die Aufnahmefähigkeit wird aktiviert. Gewünscht wurde dieses Praxisteil eher zwischendrin als am Ende des Tages.

Beim Ausfüllen der Artportraits setzten die Auszubildenden in der Praxis dann teilweise auf
die Methode der Internetrecherche. Zielführender könnte es sein, die Wildpflanzen bzw.
Pflanzenteile zu zeichnen und somit Beobachtung und Lerneffekt zu verstärken.

Offene Fragen und Leitfragen können zum Nachdenken, zur Diskussion und zum Austausch
anregen, z.B. „Warum brauchen wir Biodiversität?“ oder „Wie kann ich durch Pflege
Biodiversität fördern?“. Anschließend wird das jeweilige Thema von der referierenden Person
erläutert oder zusammengefasst.

Kontrollfragen können Erzähltes durch Wiederholung weiter verankern, z.B. „Was waren die
drei Dimensionen von Biodiversität?“ oder „Welche Geräte/Maschinen sind zur Mahd am
besten geeignet?".

Besonderes Augenmerk sollte auf das Bewusstsein der eigenen Handlungsfähigkeit (Selbstwirksamkeit) gelegt werden. Globale Krisen wie Biodiversitätsverlust und Klimakrise
sind emotional oft schwer auszuhalten und können zu Handlungsstillstand führen. Das
Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten, das Bewusstmachen der eigenen Rolle als Gärtner*in ist von großer Bedeutung. Alle Gärtner*innen haben mehr oder weniger Kontakt mit Kund*innen, sind damit zentrale Multiplikator*innen und können das Thema mehr in den
Fokus der Wahrnehmung rücken. Auch konkrete Vorschläge oder Nachfragen beim Chef / bei
der Chefin sind mögliche Maßnahmen. Alle Schritte, kleine wie große, sind wichtig.

Zahlreiche Nachfragen und Diskussionen/Gedankenaustausche verdeutlichten ein hohes und
vor allem intrinsisches Interesse der Auszubildenden. Hier hat es sich sehr bewährt,
Interessierte eines Jahrgangs klassenübergreifend zusammenzubringen. Wer interessiert
und damit zugänglich für neues Fachwissen ist, sollte diesen Zugang erhalten.

Die Gruppe fände eine ganze Woche statt zwei intensiven Tagen besser. Mehr
Thementiefgang statt Anschneiden und mehr Raum für Besprechung wären möglich. Die
Thematik ist komplex und weitreihend. Das haben die Auszubildenden nach Abschluss selbst
resümiert.

Der Einschätzung eines Berufschullehrers nach, ist eine Durchführung frühestens Ende des
ersten Lehrjahres sinnvoll, da dann ausreichend Vorwissen vorhanden ist. Besser wäre das
zweite Lehrjahr. Im dritten Lehrjahr ist das Vorwissen folglich am größten.