Humboldt-Universität zu Berlin - Ressourcenökonomie

Landwirtschaft und Umwelt

Auf der einen Seite trägt die Landwirtschaft zusammen mit dem Gartenbau, der Fischerei und der Forstwirtschaft gewiss zur Ressourcendegradierung und Umweltverschmutzung bei, auf der anderen Seite stellt sie die wichtigste Quelle der Welternährung dar. Zudem war sie lange Zeit die Haupteinkommensquelle für Menschen in Entwicklungsländern. Die Landwirtschaft entfaltet im Entwicklungsprozess wirksame Triebkräfte zur Minderung der sozialen Ungleichheit und Erhöhung des Wirtschaftswachstums. Sie spielt infolgedessen eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung globaler Probleme. Immer noch ist die Bereitstellung von ausreichenden Mengen gesunder und nährstoffreicher Nahrungsmittel für mehr als eine Milliarde chronisch unterernährter Menschen nicht gewährleistet. Außerdem wird sich die Nachfrage nach Nahrung voraussichtlich innerhalb der nächsten 25-50 Jahre durch einen Anstieg der Weltbevölkerung auf 8-10 Milliarden Menschen, der vor allem in Entwicklungsländern stattfinden wird, nahezu verdoppeln.Die Nahrungsmittelnachfrage wird zusätzlich beeinflusst durch die rasche Urbanisierung in den Schwellenländern, höheres Pro-Kopf-Einkommen, Veränderungen der Lebensstile und der Nahrungsmittelpräferenzen und die Ausweitung des internationalen Handels.

Diese Faktoren werden Folgen für die Agrarproduktion, Nahrungsmittelverteilung und Ernährungssicherheit nach sich ziehen, die sich sowohl auf urbane als auch auf ländliche Lebensverhältnisse auswirken. Die urbanen Ballungszenten wachsen weltweit, u.a. durch eine Wanderung der armen Landbevölkerung in die Städte, und häufig sind die Armen in den Megastädten der Schwellenländer weitgehend von öffentlichen Nahrungsmittelprogrammen abhängig. Menschen sind in erster Linie auf die Nutzung natürlicher Ressourcen angewiesen, insbesondere im Hinblick auf die Deckung ihrer Grundbedürfnisse. Um die Menschheit von Hunger und Armut zu befreien, bedarf es wirkungsvoller Strategien zur Erhöhung der Nahrungsmittelsicherheit, welche eng mit Anpassungs- und Milderungsmaßnahmen in der Klimapolitik, nachhaltigem Management von Land, Boden, Wasser, Luft, Umweltverschmutzung, Landschaften, Biodiversität, Wäldern, genetischen und andern natürlichen Ressourcen verflochten werden müssen. Je mehr die natürlichen Ressourcen degradieren, desto weniger Nahrung wird zur Verfügung stehen. Die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung steht in einem engen Zusammenhang mit der immer deutlicher werdenden Notwendigkeit nachhaltigen Managements natürlicher Ressourcen, wofür allerdings komplexe und vielfältige naturbezogene Institutionen und Governance-Strukturen erforderlich sein werden.

Der Ressourcenschwund ist allgegenwärtig. 70 % der weltweiten Trockengebiete (ca 3600 Millionen Hektar) sind degradiert. Über 250 Millionen Menschen sind unmittelbar von Wüstenbildung betroffen und eine Milliarde Menschen davon bedroht. 1,1 Milliarde Menschen in Entwicklungsländern haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 2025 werden voraussichtlich 1,8 Milliarden Menschen in Gebieten leben, die unter absoluter Wasserknappheit leiden. Die Diversität der Arten und Sorten von Kulturpflanzen ist seit 1920 um circa 75 % gesunken mit der Folge eines erheblichen Verlustes von genetischen Ressourcen. 50 % der weltweiten Nahrungsversorgung basieren heute auf fünf Getreidesorten, 95 % der Welternährung auf 30 Pflanzenarten.

Die Landwirtschaft trägt 13,5 % und die Forstwirtschaft 17,4 % zur globalen Erwärmung bei (zum Vergleich: Industrie 19,4 %; Energiesektor 25,9 %). Die andauernde Verringerung von CO2-Senken wird beschleunigt durch die ungebremste Abholzung von Wäldern besonders in den Tropen, und in der Zukunft auch durch den Verlust von Permafrostböden, z.B. in Sibirien. Gleichzeitig erfordern als Reaktion auf den Klimawandel eingesetzten Anpassungs- und Milderungsstrategien fundamentale Änderungen in den Lebensstilen, was Änderungen der Konsummuster in den Bereichen Nahrung und Energie sowohl in urbanen als auch in ländlichen Gesellschaften einschließt. Im Übrigen gibt es bislang sehr geringes Wissen darüber, wie hoch der Anteil an den Böden, am Wassers und an anderen Ressourcen sein wird, die nicht mehr wie bisher der Nahrungsmittelerzeugung, sondern der Bereitstellung von Bioenergie dienen werden. Welche Nebenwirkungen im Einzelnen auftreten werden und welche Substitutionsbeziehungen sich konkret zwischen Nahrungsmittel- und Bioenergieproduktion, Wasserbereitstellung und Biodiversitätsschutz ergeben werden, ist ebenfalls wenig transparent.

(Literaturhinweise und Datenquellen sind in dem unten genannten Papier zu finden!)

 

Weitere Informationen zum Thema „Landwirtschaft und Umwelt“ finden Sie in dem folgenden Aufsatz:

Hagedorn, Konrad (2008):Balanceakt zwischen Ernährung und Naturschutz – die Landwirtschaft. Informationen zur politischen Bildung. Umweltpolitik 287: 36-43 (überarbeitete Neuauflage)