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Qualitätsdifferenzierte Getreideernte
In einem seit 2007 laufenden Verbundprojekt suchen Wissenschaftler der Humboldt-Universität zu Berlin gemeinsam mit dem Unternehmen CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen adäquate Antworten auf die Herausforderungen stochastisch verteilter Standort-, Boden-, Pflanzen-, Witterungs- und Stoffeigenschaften bei der Produktion des Hauptnahrungsmittels Getreide. Mit der Möglichkeit, Qualitätsparameter im Erntegut zu erfassen und eine Gutstromtrennung nach Stoffeigenschaften durchzuführen, wird die Voraussetzung geschaffen, dass das Verfahren der qualitätsdifferenzierten Getreideernte zukünftig im Rahmen eines Qualitätssicherungssystems eingesetzt und damit den Forderungen nach einer transparenten Lebens- und Futtermittelproduktion entsprochen werden kann.
Landwirtschaftliche Nutzflächen sind in ihrer Beschaffenheit überwiegend heterogen. Es treten kleinräumige Teilflächen auf, die sich in Bodenart, Mikroklima, Nährstoff-, Licht- und Wasserangebot unterscheiden. Getreidebestände zeigen daher in Abhängigkeit von Standort und Bestandesführung erlösrelevante Qualitätsunterschiede im Erntegut. Die gemeinschaftliche Entwicklung des innovativen Verfahrens der qualitätsdifferenzierten Getreideernte durch die Humboldt-Universität zu Berlin und kann auf die gegebene Standort- und somit Bestandesheterogenität eingehen und somit einen Beitrag zur Verbesserung der Effizienz der Stickstoff-Düngung leisten. Dies entspricht den gestiegenen Anforderungen des Umweltschutzes in landwirtschaftlichen Produktionsprozessen.
Die Bestimmung qualitätsbestimmender Inhaltsstoffe erfolgt mittels Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIRS). Die ermittelten Qualitätseigenschaften ermöglichen über die Echtzeitsteuerung von Aktoren, über getrennte Korntanks und eine angepasste Logistik eine qualitätsdifferenzierte Ernte von Getreide.
In Laborversuchen wird neben der Kalibrierung zu Qualitätsparametern von Weizen und Braugerste die Erweiterung der Kalibrierung auf die Detektion des Mykotoxins Deoxynivalenol (DON) erprobt. Es wird angestrebt, den Erkenntnisstand zur Echtzeiterfassung von qualitätsrelevanten Parametern auf die Erfassung von Schadbelastungen von Nahrungs-, Futter- und Energiegetreide mit Fusarien und deren Toxinen zu erweitern. In den Laborphasen und stationären Versuchen anfallende Erkenntnisse zur Kalibrierung des NIRS-Sensors für die Online-Detektion von Fusarium ssp. und Mykotoxinbelastung von Weizen sollen zuzkünftig in Feldversuchen evaluiert werden.
Beschleunigt durch entsprechende EU-Rechtsvorschriften (Verordnung (EG) Nr. 178/2002) wird Qualität zum wichtigsten Merkmal landwirtschaftlicher Produkte und Produktionsprozesse. Gelingt durch Validierung der o.g. technologischen Grundlagen, die Qualitätsparameter im Erntegut zu erfassen und eine Gutstromtrennung nach Stoffeigenschaften durchzuführen, ist die qualitätsdifferenzierte Getreideernte im Rahmen eines Qualitätssicherungssystems geeignet, der Forderung nach einer transparenten Lebens- und Futtermittelproduktion zu entsprechen. Gleichzeitig eröffnet sich damit eine Möglichkeit zur Rückverfolgbarkeit und Dokumentation des Produktionsprozesses von Nahrungs-, Futter- und Energiegetreide. Qualitätsbedingt höhere Erlöse steigern zudem die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Unternehmen.
Das Verfahren der qualitätsgeleiteten Getreideernte versetzt den Anwender in die Lage, während der Ernte erfasste Signale über Stoffeigenschaften des Ernteprodukts Getreide zur Stoffstromtrennung in Echtzeit zu nutzen. Das innovative Verfahren kann insbesondere im Rahmen eines Qualitätssicherungssystems Anwendung zu finden, welches durch die EU-Richtlinie 178/2002 gefordert wird. Die Partientrennung bei Ernte, Transport, Umschlag, Lagerung und Vermarktung ist auch ein geeignetes Instrument zur Rückverfolgbarkeit und Dokumentation des Produktionsprozesses von Nahrungs-, Futter- und Energiegetreide. Zudem kann durch die Beprobung und Aufzeichnung der qualitätsrelevanten Eigenschaften von Getreide die bisherige Praxis der Probennahme bei der Getreideannahme vereinfacht und verbessert werden.
Für das expandierende Segment Energiegetreide bestünde erstmals die Möglichkeit, Partien mit geringem Proteingehalt und hohem Stärkegehalt am Aufkommensort zu identifizieren und angepasste Bereitstellungsketten für Ethanolanlagen zu entwickeln. Anlagen, die ungeschälte Körner verarbeiten, fordern zudem mykotoxinfreie Eingangsstoffe. Damit wächst das Erfordernis nach Mykotoxin-Erkennung und -Trennung auf dem Mähdrescher.
Forschungspartner in der Praxis sind die Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH und die Thüringer Lehr-, Prüf- und Versuchsgut GmbH Buttelstedt (TLPVG).
Die Förderung des Vorhabens erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung.
Publikationen
RISIUS, H., HAHN, J., KORTE, H. (2008b): Segregating Different Qualities of grain during Harvesting. In: AgEng2008 Agricultural & Biosystems Engineering for a Sustainable World; International Conference on Agricultural Engineering, Herssonissos, Crete, Greece, 23.-25.06.2008 European Society of Agricultural Engineers (EurAgEng) | Conference Proceedings
RISIUS, H., HAHN, J., HUTH, M., KORTE, H., LÜTKE HARMANN, T. (2008a): Near Infrared Spectroscopy for Sorting Grain according to Specified Quality Parameters on a Combine Harvester. In: 67th International Conference on Agricultural Engineering LAND.TECHNIK AgEng, Stuttgart-Hohenheim, 25. - 26.09.2008, ISBN 978-3-18-092045-0, S. 187-192
RISIUS, H., HAHN, J., KORTE, H. (2008c): Trennung des Erntegutes nach Qualitätseigenschaften während des Mähdruschs. Neue Landwirtschaft 11 (1), S. 52-54
RISIUS, H., HAHN, J.,KORTE, H. (2009): Implementation of Process Analytical Technology (PAT) to Determine Product Quality on a Combine Harvester. In: 67th International Conference on Agricultural Engineering LAND.TECHNIK AgEng, Hannover, Germany, 6.-7.11.2009, ISBN 978-3-18-092060-3, S. 375-380
RISIUS, H., KORTE, H. (2010): Prozessanalytik zur Gutstromtrennung während des Mähdruschs. Landtechnik 7 (1), S. 420-423
RISIUS, H., HAHN, J., KORTE, H. (2010): Monitoring of grain quality and segregation of grain according to protein concentration threshold on an operating combine harvester. In: Book of Abstracts XVII.th World Congress of the International Commission of Agricultural and Biosystems Engineering (CIGR | SCGAB), Québec City, QC,Canada ISBN 978-2-9811062-1-6, S. 28
KORTE, H.. Lütke Harmann, T., Hahn, J., Risius, H., Huth, M. (2010): Landwirtschaftliche Erntemaschine Anmelder: CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen GmbH, 33428 Harsewinkel, Offenlegungsschrift Nr. DE 10 2008 048 760 A1